Unterschiede im Führungsstil zwischen höherem Management und Gruppenleitern

Führung

Der Grund für diese Analyse war es, die Unterschiede zwischen Führungskräften auf verschiedenen Ebenen zu untersuchen, in diesem Fall die folgenden drei: Gruppenleiter (41 Personen), mittleres Management (96 Personen) und höheres Management (66 Personen). Gruppenleiter sind Führungskräfte ähnlich denjenigen in Abteilungen oder im Verkauf. Im öffentlichen Dienst sind korrespondierende Positionen Gebiets- oder Sektionsleiter. Mittlere Manager sind beispielsweise Funktions-, Fabrik- und Produktionsleiter. Im öffentlichen Dienst wären dies Abteilungs- oder Einheitsleiter. Höhere Manager sind Geschäftsführer und andere Direktoren. Im öffentlichen Dienst entspricht dies Kommunal- oder Verwaltungsleitern.

Eine kurze Beschreibung des FSI Führungsstilinventars

Das FSI Führungsstilinventar ermittelt Werte auf drei breiten Dimensionen der Führung: Bewahrend vs. Verändernd, Unabhängig vs. Relationsorientiert und Flexibel vs. Strukturiert. Diese Dimensionen repräsentieren jeweils eine fließende Skala zwischen beiden Extremen. Beide Extreme werden als ein besonderer Führungsstil interpretiert, wie zum Beispiel ein bewahrender oder ein verändernder Führungsstil.

Jede Führungsstildimension hat jeweils drei Subskalen (sogenannte „Stilskalen“). Die Subskalen für die Dimension Bewahrend – Verändernd heißen VE: Veränderung, ST: Strategie und EN: Enthusiasmus. Die Subskalen RM: Relationen Mitarbeiter, PA: Partizipation und RÜ: Relationen Übergeordnete gehören der Dimension Unabhängig – Relationsorientiert an. Die Dimension Flexibel – Strukturiert beinhaltet die Subskalen KO: Kontrolle, PL: Planung und LE: Leistung (letzteres ist auch verbunden mit dem veränderungsorientierten Führungsstil).

Zusätzlich zu den bisher beschriebenen Skalen sind auch sogenannte „Zusatzskalen“ im Test enthalten. Diese sind BE: Beschlussfähigkeit, SM: Sozialer Mut und SZ: Stresstoleranz. Zusammengenommen bilden diese Skalen die Motivation für und das Selbstvertrauen in Führungspositionen.

Ergebnisse


In Bezug auf die drei breiten Führungsstildimensionen unterscheiden sich die drei Gruppen von Führungskräften. Denn je höher die Führungsebene ist, desto höher ist der mittlere Wert der Veränderungsdimension (VER). Dieser Unterschied ist hochsignifikant und wurde auch in einer früheren unabhängigen Studie belegt. Das Ergebnis zeigt, dass eine höhere Führungsebene mit einem mehr veränderungsorientierten Führungsstil einhergeht. Dieses Ergebnis war zu erwarten. Denn Verantwortungsbereiche des höheren Managements sind breit aufgestellt und verlangen typischerweise die Betrachtung aus einer funktionsübergreifenden Perspektive. Sie haben ebenfalls einen längeren Planungszeitraum und tragen im Team der Führungskräfte mit strategischen Diskussionen bei. Gruppenleiter haben meist einen mehr operationalen Fokus.

Auch in Bezug auf die Zusatzskale unterscheiden sich die Gruppen. Denn das höhere Management erreicht signifikant höhere Werte als das mittlere Management und die Gruppenleiter. Dieses Ergebnis fiel wie erwartet aus, da die Motivation und Selbstsicherheit in einer Führungsrolle im Schnitt mit einer steigenden Führungsverantwortung einhergehen.

Weniger offensichtlich sind andere Unterschiede zwischen den Führungsebenen, die sich auch in zwei separaten Studien als signifikant erwiesen haben. Es stellt sich heraus, dass eine höhere Führungsebene mit einem geringeren Wert der Relationsdimension einhergeht. Das heißt, das höhere Management zeichnet sich im Führungsstil durch große (professionelle) Distanz zu seinen Angestellten aus, hat einen stärkeren Fokus auf die Fakten, ist eher unabhängig und hat eine entschlossene Einstellung gegenüber jeglichen Themen. Für Gruppenleiter sind dahingegen ein Fokus auf die Beziehung zu den Mitarbeitern als auch den Übergeordneten, ein hilfsbereiter und unterstützender Umgang mit den Problemen der Mitarbeiter und die Etablierung einer insgesamt warmherzigen Beziehung charakteristisch.

Wenn man die Führungsstile und Zusatzskalen näher betrachtet, wird deutlich, dass das höhere Management signifikant niedriger auf den Skalen RM: Relationen Mitarbeiter und RÜ: Relationen Übergeordnete abschneidet. Dahingegen erzielt es höhere Werte auf den Skalen LE: Leistung, BE: Beschlussfähig, SM: Sozialer Mut, ST: Strategie und SZ: Stresstoleranz. Für RM und SZ ist diese Tendenz nicht durchgehend. In einer früheren Studie mit nur zwei Kategorien für „höheres Management“ und „Gruppenleiter“ unterschieden sich diese Gruppen in den gleichen Skalen signifikant voneinander. Außerdem wird strategisches Denken mit zunehmend hoher Führungsebene wichtiger, es werden höhere Ansprüche gestellt (LE: Leistung) und der Führungsstil wird „härter“ (geringe Werte in RM und RÜ).

Man könnte vielleicht schlussfolgern, dass das höhere Management andere „soziale Fähigkeiten“ braucht als Gruppenleiter. Gruppenleiter legen einen Führungsstil an den Tag, der mehr der typischen Definition eines mitarbeiterorientierten Führungsstils entspricht; die Führungsperson schenkt den Mitarbeitern Aufmerksamkeit, nimmt Rücksicht und bietet Unterstützung. Dahingegen scheint das höhere Management folgende Verhaltensweisen zu zeigen: für die eigene Meinung einstehen, unabhängig denken, Ansprüche an andere stellen, sich weniger an andere anpassen und mehr auf die Aufgabe konzentrieren. Insgesamt gilt eine „härtere“ Führungsbeziehung, die Unabhängigkeit betont, Forderungen stellt und Konflikte toleriert. Es sollte ebenfalls bedacht werden, dass es keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen auf der Dimension der Struktur gab (im Detail betrachtet entspricht dies den zentralen Subskalen KO: Kontrolle und PL: Planung).

Schlussfolgerung zur Rekrutierung und Entwicklung von Führungskräften

Die Ergebnisse sprechen dafür, dass ein klassischer mitarbeiterorientierter Führungsstil bei Gruppenleitern entwickelt werden kann. Diejenigen, die auf der Karriereleiter hochklettern, sollten darauf vorbereitet werden, wie sie Verantwortung für bestimmte Angelegenheit verteilen, neue Ideen entwickeln und für die eigene Meinung einstehen. Zusätzlich brauchen sie ein Training, um breitere und mehr strategische Perspektiven einzunehmen, das Analysieren von Modellen zu lernen, relevante Informationen zu sammeln, auf eine mehr kreative Weise zu denken, stärkere Veränderungsorientierung zu entwickeln ect.
In Bezug auf die Rekrutierung zeigt diese Studie, dass das höhere Management eine Tendenz zur Veränderungsorientierung und Unabhängigkeit hat (zumindest erreicht es normalerweise keine hohen Werte auf der Relationsdimension). Außerdem erreicht es hohe Werte auf den Zusatzskalen. Allerdings gibt es einen gewissen Einfluss der Funktion einer Führungsrolle, welcher im Abschnitt „Unterschiede im Führungsstil je nach Funktionsbereich“ aufgeführt ist.

Psytest AB hat mehrere Studienergebnisse zur Führung veröffentlicht. Die Studien sind in der Dissertation von Dr. Stefan Lindstam ausführlicher dargestellt (siehe amazon.de, „Das FSI Führungsstilinventar und das integrative Führungsmodell“, 2015). Die Dissertation ist auf Deutsch verfasst worden. Sie basiert auf schwedischen Studien. Mit dem Ziel den Lesern einen leichteren Zugang zu den Ergebnissen zu ermöglichen, beinhaltet diese Reihe von Artikeln eine verkürzte und vereinfachte Darstellung ausgewählter Studienergebnisse. Die Studien wurden mit Hilfe des FSI Führungsstilinventars erhoben. Das zugrundeliegende Modell zum Führungsstil ist breit und allgemeingültig (vergleichbar mit dem Big Five-Model im Bereich der Persönlichkeitspsychologie) und die Schlussfolgerungen sind dementsprechend relevant für Personen im Bereich der Rekrutierung und Entwicklung von Führungskräften.

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